Download: Daniel Libeskind und seine erzählende Archtitektur
Daniel Libeskind ist einer der renommiertesten und innovativsten Architekten unserer Zeit.
Mit dem Entwurf geschichtsträchtiger Gebäude wie dem Jüdischen Museums in Berlin und
dem neuen World Trade Center („1 WTC“) in New York konnte er sich als Architekt
international etablieren. Außergewöhnliche Formen und Konzepte, die ihre eigene
Geschichte erzählen, sind Libeskinds Markenzeichen. Sein Stil ist einzigartig und sorgt
nicht nur unter Architekturkennern für einen hohen Wiedererkennungswert.
Vom Musiker zum Architekten
Geboren 1946 in Polen als Kind jüdischer Eltern wuchs Libeskind in bescheidenen
Verhältnissen auf. 1957 emigrierte die Familie für drei Jahre nach Israel und wanderte
anschließend nach New York aus. Libeskind nahm die US-amerikanische
Staatsbürgerschaft an, absolvierte ein Musikstudium und arbeitete einige Zeit als Musiker.
Letztendlich entschied er sich aber doch für die Architektur. Er studierte in New York und
Essex Architektur und begann, Gebäude zu entwerfen. 1997 erhielt Libeskind die
Ehrendoktorwürde von der Humboldt-Universität in Berlin – zahlreiche weitere folgten. Er
lehrte u.a. an Universitäten in Yale, London, Zürich und auch Lüneburg, wo er auch heute
noch regelmäßig Vorlesungen gibt.
Das Jüdische Museum in Berlin
1989 zog es Libeskind nach Berlin. Mit der Gründung des „Studios Daniel Libeskind“ kam
der Auftrag zum Bau des Jüdischen Museums in Berlin. Der Sohn von
Holocaustüberlebenden konnte sich mit seinem Entwurf „Between the Lines“ gegen 164
andere Beiträge durchsetzen. Im Jahr 2001 eröffnet, besticht das Gebäude durch seine
außergewöhnliche Form. Diese ist jedoch nicht Ergebnis eines willkürlich abstrakte
Entwurfs, sondern spiegelt die Geschichte der Juden im Dritten Reich wider. So deutet das
Gebäude einen einschlagenden Blitz bzw. einen zerbrochenen Davidstern an und
symbolisiert damit die Vernichtung der Juden. Schräge Achsen und Leerräume
thematisieren zudem die durch den Holocaust entstandene Leere in den Menschen.
Das One World Trade Center in New York
Der Terroranschlag war für Libeskind ausschlaggebend, nach 13 Jahren in Berlin wieder
nach New York zurückzukehren. Er gewann 2003 den Architekturwettbewerb für den
Entwurf des One World Trade Centers, das sich noch immer in der Bauphase befindet. Als
Libeskind daraufhin den Ground Zero zum ersten Mal besuchte, hatte er sofort eine Vision
des neuen Gebäudes vor Augen: Altes und Neues sollen ineinander fließen. Die Abdrücke
der eingestürzten Türme, umgeben von den Namenstafeln der Opfer, sowie der neue,
moderne Tower sollen das Geschehene mit der Zukunft an einem Ort vereinigen. Die Höhe
des Turms, den Libeskind ursprünglich „Freedom Tower“ nannte, wählte er ebenfalls mit
Bedacht: Mit 1.776 amerikanischen Feet entspricht sie dem Jahr der Unabhängigkeitserklärung der USA.
Das Militärhistorische Museum in Dresden
Ein weiteres Gebäude, dem sich Daniel Libeskind annahm, ist das militärhistorische
Museum in Dresden. Das im Ersten Weltkrieg als Waffenarsenal genutzte Gebäude stand
2001 zur Neugestaltung ausgeschrieben. Libeskind schaffte es auch hier, sich gegen seine
Mitbewerber durchzusetzen. Beim Entwurf des Militärhistorischen Museums blieb der
Architekt seinem Stil treu und war erneut nicht sparsam an Symbolen. Er kreierte einen
überdimensional großen Keil aus Stahl, der mitten in das historische Gebäude eingesetzt
wurde und dieses optisch spaltet. Einerseits soll dies an den keilförmigen Anflug bei der
Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg erinnern. Andererseits spiegelt der
Stahlkeil als räumlicher Schnitt zwischen den historischen und epochenübergreifenden
Themen und Exponaten die Konzeption der Ausstellung wider.
Der Kö-Bogen in Düsseldorf
Aktuell in der Fertigstellung befindet sich auch der Kö-Bogen in Düsseldorf. Zwischen der
bekannten Flaniermeile Königsallee und dem grünen Hofgarten gelegen, soll die
Begegnung von Stadt und Land symbolisiert werden. Diese Thematisierung nahm
Libeskind in seinem Entwurf auf und setzte ihn in seinem einzigartigen Stil um. Ziel des Architekten war es, mit einer intensiven Begrünung um das Gebäude herum sowie in den Innenhöfen und auf den Terrassen Natur und Architektur zu vereinen. Die Fassaden des Geschäfts- und Bürokomplexes stechen in einem Mix aus verschieden großen Glas- und Natursteinen hervor und sorgen zusammen mit der ungewöhnlichen Gebäudegeometrie für ein asymmetrisches Erscheinungsbild.
Die Architektursprache und ihre Kritiker
Wie bereits an den vorgestellten Projekten deutlich wurde, hat Daniel Libekind in seiner
Arbeit eine eigene „Sprache“ entwickelt. Ihm geht es nicht primär darum, etwas möglichst
kreatives und abstraktes zu schaffen. Vielmehr ist sein Ziel zu verstehen, wofür ein
Gebäude steht, was es repräsentieren soll. Mit seinen Entwürfen möchte der Stararchitekt
eine kleine Geschichte rund um das Gebäude erzählen – es soll die Menschen inspirieren.
Die Idee mit einem Gefühl zu verbinden, ist das, was Architektur für ihn ausmacht.
Libeskinds außergewöhnliche Gebäudedesigns bestechen mit gezielt ausgewählten
Elementen, die auf Inhalte abseits der Architektur verweisen und den Gebäuden somit
oftmals einen anderen Sinn zuschreiben. Diese Kreativität findet zwar zahlreiche lobende
Worte, doch auch Kritiker treten auf den Plan. Einige werfen ihm eine Überladung seiner
Bauwerke mit weit abschweifender Symbolik vor, die zu sehr vom eigentlichen Sinn des
Gebäudes ablenkt.
Libeskind bleibt seiner Linie unbeirrt treu und gilt mit seinem unnachahmlichen Stil als
Leitfigur in der Architekturszene. Seine selbst verfassten Bücher sind auf der Literaturliste
jedes Architekturstudenten zu finden. Neben seiner Arbeit als Architekt ist Libeskind auch
nach wie vor regelmäßig als Dozent an verschiedenen Universitäten weltweit tätig. So zum
Beispiel auch an der Leuphana Universität in Lüneburg. Seit 2007 hält er an der Universität
Vorlesungen und Blockseminare, in denen er unter anderem mit den Studenten den
Entwurf für das neue Hauptgebäude des Lüneburger Campus entwickelte.